Glaube und Kunst

Glaube und Theater

Das grösste Drama aller Zeiten ist die Menschwerdung Gottes. Sein Passionsweg, Kreuz und Auferstehung. Warum soll christliches Drama ein Widerspruch für uns sein?

Der grösste Dramatiker aller Zeiten, William Shakespeare, dessen Meisterwerke wie Macbeth, Hamlet, König Lear, Heinrich IV. und Richard II. deutliche christliche Züge tragen, sagte einmal, dass die ganze Welt eine Bühne sei und wir die Schauspieler auf dieser Bühne. Die grossen griechischen Dramen, welche ihren Höhepunkt vor allem in Sophokles erreichten, wurden ursprünglich von ihren Darstellern mit Masken vorgetragen, um zu zeigen, wie wir uns verstecken hinter verschiedenen Fassaden und Posen.
Zwar leidet das Theater in biblischen Kreisen unter einer gewaltigen historischen Last, denn kein anderer als der grösste Kirchenvater, Augustin, wetterte ständig gegen das Theater seiner Zeit, weil dieses römische Theater heidnisch, verderblich war. Und dies galt auch zum Teil für das Theater Englands, welches die Puritaner im 17. Jahrhundert zugeschlossen haben. In Deutschland wissen wir, dass Goethe und Schiller, die zwei zentralen Dramatiker, sicherlich nicht christlich waren im biblischen Sinne des Wortes, auch wenn der junge Goethe in pietistischen Kreisen verkehrte und sein Urfaust sehr deutliche christliche Züge trägt.
Aber damit das Theater als Ganzes zu verdammen, ist absolut ungerecht. Im Mittelalter zum Beispiel war das Theater vor allem christliche Verkündigung in Form der sogenannten „Mysterium Spiele”:

Zwei der allergrössten Dramatiker, Shakespeare und Strindberg, waren sicherlich Christen. Auch wenn ihre Werke als Dramen nicht reiner Katechismus sind, so können uns dennoch ihre Aussagen als Christen sehr vertiefen und bereichern. Und manche sogar sehr moderne Dramatiker wie Claudel und Thornton Wilder waren sich ihrer christlichen Herkunft und ihres christlichen Standorts sehr bewusst.

Warum brauchen wir christliches Theater, wie die 'Boten' das uns präsentieren und zwar als gutes Theater und zugleich als Verkündigung?
Das besondere am Theater als Kunstform ist seine soziale Dimension, vor allem im mitmenschlichen Bereich. Wahres, tiefes Theater hat eine Entblössungsrolle, indem es den Menschen mit bohrender Kritik zeigt, gerade wie wir wirklich sind, wieviel unechtes, heuchlerisches in jedem von uns steckt.

Liebe Mitchristen, ist das nicht auch ein sehr wichtiger Teil einer Predigt? Jesus hat uns ermahnt, dass wir den Balken aus unserem eigenen Auge entfernen sollen, bevor wir das Gleiche tun mit dem Splitter von unseren Nächsten. Christliches Theater, wie die Boten es uns so treffend darbieten, entblösst uns, zeigt uns wie wir wirklich sind, und zugleich entblösst es die Irrwege unserer Zeit und unserer Gesellschaft. Und in diesem Sinne ist so ein Theater ganz und gar christlich.

Dazu nehmen sie ein Wagnis auf sich, nicht im christlichen Sinne, sondern im Sinne von Theater, weil Verkündigung selbst eine gewisse Rolle in allen ihren Stücken spielt, fast als ob sie von der Kanzel gesprochen sein könnte. Das müssen sie tun, auch wenn das reine Theater dadurch eine kleine Einbusse erleben muss, und sie müssen das tun, gerade weil wir als Christen, als biblisch bezeugte Christen so eine Entfernung zum Theater überhaupt haben, dass uns manches erklärt werden muss, christlich erklärt, wie es gemeint ist. Grosses Theater spricht für und in sich selbst auch in seinen Aussagen, seiner Verkündigung, aber bis wir als biblische Christen eine wahre und tiefe Einstellung zu gutem Theater mit christlicher Betonung gewinnen können, wird es nötig sein, dass die Kanzel auch direkt zu uns spricht in gutem Theater von guten Schauspielern, welches die Boten uns Jahr um Jahr bieten.

Ein herzliches Dankeschön an die Familie Dentler. Gott befohlen in ihrer christlichen Verkündigung durch das Theater.

Dr. David Jaffin, Autor, Pfarrer i.R., Ottobrunn