Interview

Fragen die uns oft gestellt wurden

Eure Theatergruppe hat schon eine lange Geschichte. Wie kam es zur Gründung der „Boten”?

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Papi

Erich Dentler: Eigentlich haben wir diese Aufgabe nicht gesucht oder gewollt. Ich wollte nicht einmal Schauspieler werden, wurde aber so geführt, dass ich eines Tages doch auf der Bühne stand.

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Mami

Heidi Dentler: Der Anfang war sehr schwer, es gab viele Kämpfe und Schwierigkeiten. Oft waren wir verzagt und wussten nicht mehr weiter. Man prophezeite uns, wir würden höchstens zwei Jahre durchhalten. Gott gab uns aber die Gnade, im Vertrauen auf Seine Hilfe Schritt für Schritt weiterzugehen - bis zu dieser Stunde.

Ihr habt professionelle Arbeit geleistet. Hattet ihr alle eine schauspielerische Ausbildung besucht?

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Deborah

Deborah Dentler: Ja, wir haben diesen Beruf erlernt, um das Beste geben zu können, so wie es in unseren Möglichkeiten liegt. Wir nahmen Privat-Schauspielunterricht, wurden in Phonetik, Gestik, Atemtechnik und verschiedenen Studienrollen ausgebildet. Aber erst anhand der Praxis erlernt man das wirkliche Darstellen und „Leben” auf der Bühne. Während der Regiestunden bei unserem Vater haben wir sicher am meisten gelernt. Ein Schauspieler lernt nie aus, wie auch der Mensch bis an sein Lebensende zu lernen und zu reifen hat. - Die Schauspielkunst wird aber bei uns nie zur Hauptsache werden. Der Hinweis auf Jesus Christus, auf das Wort Gottes, ist das Wichtigste. Das ist unser grösstes Anliegen.

Wo seid ihr überall aufgetreten? Wie sah euerTerminplan aus?

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dannn

Daniel Dentler: Wir wohnen in der Schweiz, traten hier und auch in Deutschland auf. Vor vielen Jahren spielten wir hauptsächlich über die Landes­kirche, doch dann wurden wir allmählich von den Freikirchen entdeckt. Während mehreren Spielabenden hintereinander wurden verschiedene Stücke zur Aufführung gebracht. Die Anlässe waren ganz verschieden: öffentliche Theaterabende, Woche der Besinnung, Mitarbeiteressen, Adventstage, Kirchgemeindeabende, Einweihungen. Die Tournee führte schon bis nach Berlin, Ham­burg. Stuttgart, Bern, Zürich, Basel, aber auch nach Sta. Maria in den Bündner Bergen und gar nach Hasenwaldweiler im hinteren Fuchsgau.
Eine Liste hält Erinnerungen an die Auftritte der letzten Jahre aufrecht.

Manche eurer Stücke gehen ja ganz schön unter die Haut. Welche Reaktionen habt ihr erlebt?

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dannn

Daniel Dentler: Wir erlebten es häufig, dass Leute nach dem Stück im Zuschauerraum betroffen warteten oder hinter die Kulissen kamen, und es ergaben sich ganz spontan Gespräche. Wir bekamen viele Briefe, die viel Persönliches enthielten und nicht selten von erschütternden Schicksalen erzählten. Ebenso persönlich haben wir unglaublich viele Briefe beantwortet.
Durch die Theaterarbeit und durch unser Heft ergaben sich viele Kontakte über das Telefon oder über Mails. Viele ermutigten uns, diese Arbeit weiter zu tun.

Bitte erzählt doch ein bisschen über das Tourneeleben unterwegs.

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Mirjam

Mirjam Dentler: Da hätte eigentlich jeder Ort seine Geschichte. - Es war immer ein „Unter­wegssein ins Ungewisse”. Ein immer wieder neues Sich-aneinander-Gewöhnen, ein Liebgewinnen und Abschiednehmen. Wir Schauspieler wurden an jedem Ort in verschiedenen Gastgeber-Familien untergebracht. Da ergaben sich oft Gespräche über so vieles, was uns alle bewegt; schwere Lebenswege: Schicksale, Ermutigendes. Wir hatten auch Gelegenheit, zuzuhören, und wurden oft selbst beschenkt durch das, was Christen in Ihrem Leben erfahren haben, wie Gott Kraft zur Überwindung schenkte, oder in ausweglosen Situationen Wunder tat.

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dannn

Daniel : Was wir unterwegs erlebt haben, darüber könnte man ein spannendes Buch schreiben. Jedoch sind wir uns noch nicht einig darüber, was alles darin zu lesen sein soll, und was man nicht veröffentlichen sollte.

Wir hatten die Gelegenheit, an grossen Anlässen aufzutreten, wo das Spiel durch Kameras über Leinwände in den grossen Raum übertragen wurden. Ebenso kennen wir die familiäre Atmosphäre in einer kleinen Kirche, wo unsere Bühne zwischen dem Taufstein, Kirchenbänken und der Kanzel steht, unter der wir uns immer etwas bücken mussten, um den Kopf nicht anzuschlagen. Da sassen die Zuschauer auch schon fast auf der Bühne, wir waren mit Ihnen Auge in Auge, von Angesicht zu Angesicht.
Unterwegs erlebten wir oft viel Gastfreundschaft, wir waren untergebracht in Herrschaftshäusern, aber auch in faunareichen Kammern über dem Kuhstall, bewacht vom Hofhund, den es zu überwinden galt, wenn man des Nachts mal .... (und auch Boten müssen manchmal)

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Mirjam

Mirjam Dentler: Einst spielten wir in der Rattenfänger-Stadt Hameln. Zu unserer Freude hatten wir Gelegenheit, das Stift Fischbeck zu besuchen, von dem in unserem Stück „Der Fischbecker Wandteppich” von Manfred Hausmann die Rede ist. Den Wandteppich einmal als Original zu bestaunen, war schon ein Erlebnis. Auch die Spielzeit in Lenzerheide (Schweiz) haben wir nicht vergessen. Dort wurden einige Sze­nen von einem Fernseh­team des ZDF aufgenommen.

Ihr habt Jiddische Lieder in Eurem Programm. Habt Ihr eine Beziehung zum jüdischen Volk?

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Deborah

Deborah: Es ist uns auch ein Anlie­gen in den Herzen Liebe zum jüdi­schen Volk zu wecken. In Zürich spielten wir zum Beispiel in der Universität das Stück "Korczak und die Kinder" von E. Sylvanus. Ein Stück aus der Zeit des Dritten Rei­ches. Wir spielten unter dem Patronat der Israelitischen Kultusgemeinde, also vorwiegend für jüdische Men­schen. Es fiel uns nicht leicht, für sie ein solches Stück aufzuführen, waren doch etliche selbst betroffene, ältere Personen im Publikum. Atemlose Stille war im Raum während des ganzen Spiels. Wir selbst waren nach der Aufführung betroffen und erschüttert. Eine junge Jüdin sagte anschliessend, sie hätte die Deutschen und ihr Handeln und die ganzen Zusammenhänge nie verstehen kön­nen. Warum man Hitler geglaubt habe, warum ... warum ... Doch nach diesem Stück beginne sie zu begrei­fen. - Das Paradoxe bei dieser Auf­führung war, dass wir bewacht werden mussten - weil hier viele jüdische Menschen zusammenkamen. Verfol­gung der Juden im Theaterstück - Bewachung der Juden in der Realität.

 

Was war für euch das Schönste an diesem Beruf?

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dannn

Daniel Dentler: Das Evangelium durch das Schauspiel weitergeben zu können, also durch Gleichnisse oder Bilder, durch Musik und Texte. Wir hatten die Gelegenheit, eine Arbeit aus Überzeugung heraus tun zu können. Ich erinnere mich an viele Begegnungen mit Menschen, die sonst keine besondere Nähe zu einer Kirche hatten, die dann bewegt waren, geistige Inhalte durch die Darstellung im Theater ganz anders aufnehmen zu können.

 

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Mirjam

Mirjam: Das Schönste war auch, wenn Gemeinden ganz hinter dieser Arbeit standen und diese Abende auch im Gebet mitgetragen haben. Oft fuhren wir weite Strecken zu einem Terminort und kannten dort noch keinen Menschen und doch ergabt sich eine Zusammenarbeit im gleichen Geist, als gehörten wir schon immer zusammen.

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Mami

Heidi : Das Wort Gottes ist schärfer als ein zweischneidiges Schwert und scheidet die Geister.
Über den Glauben wollten wir nie intellektuelle Dis­kussionen führen. Wir Menschen könnten zwar überreden oder manipulieren - aber Gott kann überzeugen.
Der Erfolg ist nicht unsere Sache, die Frucht kann nur Gott bewirken. Unsere Freude war immer wieder gross, wenn wir erleben durften, dass unser Zeugnis nicht vergeblich war. Während all den vielen Jahren bekamen wir so viele bewegende Briefe, und wir erlebten, dass Menschen, die sonst nie in eine Kirche gingen, wieder neu nach dem Sinn des Lebens fragten und begannen, Ihr Vertrauen auf Gott zu setzen

Ich kann mir denken, dass es in eurer Arbeit auch manche Schwierigkeiten zu überwinden gab. Was schlauchte euch besonders?

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dannn

Daniel: Die über das ganze Jahr verteilte Tourneearbeit forderte sehr viel Kraft und einen grossen Aufwand an Vorbereitungen.

Unsere Theatertruppe wäre die beste Werbung für ein Sparprogramm gewesen. Viele Theater haben Bühnenbildner, Maskenbildner, Techniker, Musiker, Akteure, einen Regisseur, Texter, und vor allem Agenturen, die Termine vermitteln und vorbereiten. Dies alles musste in unserem Kleintheater von drei bis fünf Leuten bewältigt werden. Ohne teilweise äusserste Anstrengungen hätten wir diese Arbeit niemals so lange tun können. Wir sind dankbar, während dieser bestimmten Zeit immer wieder die Kraft dafür bekommen zu haben.   

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Deborah

Deborah: Fiel bei uns eine Person aus, stand „alles auf dem Spiel”. Unsere Stimmen waren öfters mal strapaziert. Seit über 30 Jahren spielten wir in Turnhallen, Kirchen und grossen Sälen und mussten früher ohne Mikrophon so sprechen, dass man uns ganz hinten verstehen konnte. Darum war es nötig, zu unseren Stimmen besonders Sorge zu tragen, eine Heiserkeit konnten wir uns eigentlich nicht leisten.

Gab es die Möglichkeit, bei Euch mitzuarbeiten?

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Mirjam

Mirjam Dentler: Wir fanden immer wieder tolle Leute, die sich darauf einliessen, über eine gewisse Dauer mit den Boten durch die Lande zu ziehen. Während dieser Zeit gehörten sie zu uns, assen denselben Proviant, bauten mit uns auf und ab, teilten mit uns das Lampenfieber. Die meisten wollten sich in erster Linie beim Auf- und Abbauen und in der Technik betätigen. Doch viele konnten wir auch für einen Einsatz auf der Bühne gewinnen.  

Was beschäftigte Euch in Bezug auf diese Zeit, während ihr auf Tournee wart, was gab euch zu denken?

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dannn

Daniel: Die nun lange gepredigte Toleranz wurde leider auch als Gleich-Gültigkeit missverstanden. Wir haben viel daran gearbeitet, in unseren Szenen dagegen zu halten, aufzumuntern, seine Meinung auch gegen die Mehrheit zu vertreten. Heute haben wir eher die Tendenz, sich nur noch innerhalb ähnlicher Meinungen zu bewegen, und sich von anderen Sichtweisen total abzugrenzen, auch ohne sie überhaupt zu kennen. Viele stehen dem Denken feindlich gegenüber. Zu denken gibt mir, dass man oft der Vereinfachung zum Opfer fällt und nicht mehr zu differenzieren vermag. Wir laufen Gefahr, nur noch auf Lautstärke, Effekthascherei, und auf mancherlei Verblüffendes zu reagieren.

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Mirjam

Mirjam: Durch das, was wir unterwegs erleben, kommen wir immer wieder zu der Überzeugung, dass es viel Einsamkeit gibt. Obwohl wir heute untereinander total vernetzt sind und auch an vielen gesellschaftlichen Anlässen teilnehmen, so heisst das noch lange nicht, dass auch echtes Interesse am Leben unserer Nächsten vorhanden ist. Nehmen wir die Menschen um uns herum noch wahr?

Hattet Ihr auch mal Meinungsunterschiede oder vielleicht auch mal Streit?

Daniel: Glücklicherweise kennen echte Christen so etwas nicht. In allen Dingen sind wir einer Meinung, jeder ist mehr von der Idee des andern überzeugt, als von der eigenen, und….

Deborah: Jetzt reicht’s aber! Was ist denn das für ein Theater?

Daniel: Ich hab’s ja auch nur satirisch gemeint.

Mirjam: Merkt man aber nicht! –
So, jetzt Klartext: Auch wir Boten waren und sind nicht immer der gleichen Meinung, und dann kann sich ein recht „angeregtes“ Gespräch entwickeln, weißt Du noch, als ...

Daniel: kein Wort mehr davon!

Deborah: Das haben wir ja längstens wieder geklärt. –
Es ist ein Geschenk, dass wir trotz unserer Unterschiedlichkeiten bis heute so gut miteinander auskommen.

 

Ist es für Schauspieler nicht eine Gefahr, auch im alltäglichen Leben zu spielen?

Alle: Diese Frage ist uns wohlbekannt. Offenbar hat man Schauspielern gegenüber manchmal ein unsicheres Gefühl: Spielen sie jetzt, oder sind die wirklich so? Verstärkt wird dieses Unbehagen besonders dann, wenn Künstler tatsächlich ein bisschen sonderbar sind und so ihre Eigenarten haben. Das könnte bei uns ja auch so sein. Darum sei dieser Frage verziehen, wir haben Verständnis dafür. :)

Die Erfahrung jedoch lehrt uns, dass jeder Mensch bewusst, und noch viel mehr unbewusst Theater spielt, jeden Tag. Da werden oft ganze Spektakel veranstaltet, ausgeklügelte Szenen (mit den passenden Kostümen) dargeboten, dass wir Künstler nur so staunen ob all dieser Professionalität. Daselbst gehen wir in die Schule und schauen gut zu, wie man ‚so tut als ob’. Wir Schauspieler haben verschiedene Techniken gelernt, die wir anwenden, um etwas zu bewirken. Und wenn wir das tun, ist es uns meistens bewusst. Viele Menschen merken aber oft gar nicht, wie sie im gewöhnlichen Leben verschiedene Rollen spielen, ganz unbewusst.
 

Margrit Dentler, vor vielen Jahren sind Sie mit Daniel eine Ehe eingegangen. Wussten Sie damals, was ein Leben mit solch einem Theater und mit Kindern mit sich bringt?

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Margrit

Margrit Dentler: Nein, das wusste ich nicht. Wir wussten auch nicht, wie lange wir als Familie mit Kindern von der Botenarbeit getragen werden können. Es gab auch anstrengende Zeiten, besonders als die Kinder noch klein waren und Daniel oft längere Zeit – auch an Wochenenden - unterwegs war - und wir schauen dankbar darauf zurück, dass es überhaupt ging, jedem unserer Kinder eine Ausbildung zu ermöglichen. Heute haben wir zwei Enkelinnen.

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dannn

Daniel Dentler: Meiner Frau Margrit habe ich es zu verdanken, dass es mir überhaupt möglich war, all diese Jahre auf Tournee zu sein. Ihren Beruf als Handarbeitslehrerin hat Sie zu Gunsten einer anderen künstlerischen Tätigkeit aufgegeben. Seit vielen Jahren arbeitete sie nämlich als Regisseurin - im alltäglichen „privaten Familientheater.“ Da war die Handlung stark geprägt von unseren vier Jugendlichen, die für abwechslungsreiche Szenarien und immer wieder für neue Höhepunkte in der dramatischen Entwicklung sorgten. Da brauchte es viel Organisationstalent, um alles unter einen Hut zu bringen. Dadurch hat auch Ihre Arbeit zu Hause, hinter den Kulissen beigetragen, dass die „Botenarbeit“ weitergehen konnte.
Dank ihrem früheren Beruf als Schneiderin fiel es ihr nun nicht schwer, für manche Stücke Kostüme zu entwerfen und anzufertigen.

Seit 47 Jahren waren Sie, Erich Dentler als Botschafter Gottes mit den Boten unterwegs. Welchen Schluss würden Sie im Rückblick auf all diese Jahre ziehen?

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Papi

Erich Dentler: Lassen Sie es mich so sagen: Es war ein schwerer, harter Weg. Opposi­tion, Anfechtungen, Krankheit, Unverständnis säumten zur einen Seite den Weg - aber zur anderen auch Liebe, Vertrauen, Freundschaft und Freude. Es war zwar manchmal schwer, aber darum geht es nicht, denn Schweres gehört zum Leben eines Christen. Christsein ist kein Spaziergang.
Wenn wir heute zurückschauen und bedenken, wie wir praktisch mittellos und mit vielen Hindernissen begon­nen haben und nun sehen, wie Gott unsere Arbeit gesegnet hat, kann ich nur staunen und Ihm danken! Immer, wenn wir befürchteten unterzugehen, hat Er weitergeholfen. Wir sind über­wältigt von Seinem Handeln. Durch Wunder ist diese Arbeit entstanden - und durch Wunder wird Er auch alles wohl hinausführen.

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Mami

Heidi Dentler: Der Anfang war sehr schwer, es gab viele Kämpfe und Schwierigkeiten. Oft waren wir verzagt und wussten nicht mehr weiter. Man prophezeite uns, wir würden höchstens zwei Jahre durchhalten. Gott gab uns aber die Gnade, im Vertrauen auf Seine Hilfe Schritt für Schritt weiterzugehen - bis zu dieser Stunde.